Reisebericht - Radtour Mai 2012 - Kurische Nehrung - Russland

1.6.2012 - Tag 1: Nida- Rossitten - Cranz (56,7 KM)

Startzeit: 09:00h. Es soll unsere Standardstartzeit werden.

Die letzte Reiseteilnehmerin gesellt sich zu uns. Abfahrt zur 5km entfernten Grenze. Erstes „Event". Die Reiseteilnehmerin, die sich am Morgen zu uns gesellt hat, besitzt kein Visum! Nach einer Stunde telefonieren, unterhalten usw. leider das traurige Ergebnis: Ein kurzfristiges Visum ist nicht möglich (es ist fast Wochenende in den Botschaften in Königsberg und Klaipeda). Die Teilnehmerin muss zurück nach Nida, das Reisebüro kümmert sich weiter um einen eventuellen Zusammenschluss am Anfang der kommenden Woche.

Für alle anderen Reiseteilnehmer klappt die Einreise problemlos. Wir fahren weiter! Leider beginnt es zu regnen und die ersten ziehen ihre Regenjacken an. Ca. 5 km hinter der Grenze wartet Vadim, unser russischer Reisebegleiter auf uns. Da es immer noch regnet, wird jetzt komplett mit Regenschutz eingekleidet und der erste Tour-Abschnitt, 45 km über die kurische Nehrung, wird gestartet. Eine lange Straße, Wald und Dünen rechts und links.

Durch den Regen sieht diese schöne Welt leider etwas traurig aus. Die ersten riesigen Dünen der russischen Kurischen Nehrung und der tanzende Wald werden trotz schlechten Wetters angeschaut. Die Kurische Nehrung ist inzwischen der beliebteste Nationalpark Russlands. Das Mittagessen nehmen wir ziemlich durchnässt, dreckig und aufgeweicht in einem Hotel in Rossitten ein. Danach geht es (immer noch im Regen) weiter nach Cranz, wo wir eine warme Dusche und anschließend das Abendessen genießen.

Zum Abschluss der ersten Etappe gibt es den ersten russischen Wodka.

 

2.6.2012 - Tag 2: Cranz - Rauschen - Palmnicken (54,7 KM + 690 Höhenmeter)

Nach einem guten russischen Frühstück(ohne Marmelade!) starten wir unsere heutige Etappe von Cranz nach Palmnicken. Es regnet. Es stürmt(Windstärke ca. 6-7). Und wir haben Gegenwind!

Niemand murrt, jeder staffierte sich tapfer mit Regenkleidung aus. Friedrichs Vorderreifen ist platt. Wechseln oder Aufpumpen? Es wird gepumpt und es kann losgehen. Es gilt, ca. 60 km in etwas „welligem Gelände" zu absolvieren. Diese „Wellen" ergeben zum Schluss 690 Höhenmeter!

Nach der ersten Kaffeepause (km 32) können die Regensachen ausgezogen werden. Über eine lange neue Zufahrtstrasse gelangen wir zu Präsident Putins staatlicher Residenz. Auf den Weg nach Rauschen sehen wir ein sehr armes Russland. Nach einem kurzen Anstieg, der die meisten zum Absteigen zwingt, sind wir im mondänen Kurort Rauschen angekommen. Der Gegenwind zerrt an den Kräften, wir machen eine weitere Kaffee- und Kuchenpause und besichtigen den Ort. Die Promenade bietet einen wunderschönen Ausblick auf die stürmische Ostsee.

Anschließend wird in einem Stück durch das traumhaft schöne Samenland nach Palmnicken gefahren. Nach einem Bier am Strand Pavillon gibt es dann das wohlverdiente Abendessen im Hotel. (& Verdauungswodka).

Es gibt Abendrot über der Ostsee. Sollte die Wettervorschau stimmen?

 

3.6.2012 - Tag 3: Palmnicken - Königsberg (64,7 KM)

Das Abendrot hat Recht. Das Wetter passt.

Unsere heutige Tour startet mit dem Ziel Königsberg. Wir genießen den ersten Rückenwind und kommen gut voran. Nach den Strapazen des Vortages eine echte Wohltat. Die Strecke ist gut zu fahren. Wir können die Landschaft genießen und staunen über frei herumlaufende Kühe und Ziegen in den Orten.f

Den ersten Stopp gibt es in einem Restaurant im Vorort von Königsberg (wir finden das erste WLAN! Willkommen „Internet"!). Es sind aber noch einige km bis zum Ziel. Durch Vororte von Königsberg, geführt durch den ortskundigen Vadim, entlang dem Hafen („Mind the step". Übelste Löcher im Gehsteig!! und im Steg). Entlang der Hubbrücke starten wir unsere weitere Erkundungstour. Mit dem Fahrrad geht es auf dem Weg zum Hotel vorbei am Marinemuseum und dem Dom auf der Dom Insel, wo uns ein alter Herr begegnet, der sich bestens in Geschichte auskennt.

Das Hotel überrascht uns mit West Standard! Unsere Fahrräder übernachten in der Hotel-Lobby-Garderobe. Nach einem super Abendessen genießen die Herren das Abendbier... und den Wodka in der „City", die mit dem Bus erreicht wird.

 

4.6.2012 - Tag 4: Königsberg - Tapiau - Labiau (91,2 KM)

Von Königsberg nach Labiau.

Am Anfang müssen wir über die Ausfallstraßen von Königsberg. Nicht schön, aber auch diese Herausforderung schaffen wir sehr gut. An den vorherigen Tagen hat sich ein gutes Team gebildet und wir bleiben zusammen!

Nach den ersten 14 km fahren wir dann auf einer leicht welligen Straße parallel zur Wasserverbindung Richtung Osten. 

Es geht vorbei am Gefängnis in Kapkeim, das ehemals ein prachtvolles Gutshaus war.

Ein Gruppenerlebnis wird beendet: Friedrichs Schlauch mit dem „Schleicher" wird ausgetauscht, das Pumpen hat ein Ende(es soll unsere einzige Panne während der gesamten Reise bleiben!)

Dann erreichen wir Tapiau. Die alte Ordensritterburg an der Deime ist mit hohen Mauern und  Stacheldraht umgeben. Sie dient jetzt ebenfalls als Gefängnis.

1568 starb hier in der Burg der Hochmeister Albrecht von Brandenburg an der Pest. Gegenüber auf der anderen Seite des Flusses das Geburtshaus des Malers Lovis Corinth. Es macht einen erbärmlichen Eindruck und man fragt sich, ob es denn nicht in einen dem Maler gebührenden Zustand versetzt werden kann. Der Verkauf eines Bildes würde dafür genügend Geld erbringen.

Wir fahren weiter durch eine „Masuren Landschaft". Viele Felder „Natur pur". Zum Teil mit ein wenig Landwirtschaft. Die letzten ca. 10km Richtung Labiau müssen wir wieder gegen den Wind treten. Was sind schon 10 km? Selbst Rosi lacht unterdessen darüber. Damit sind heute 92 km zusammen gekommen. Es gibt die ersten Sattelsitzbeschwerden.

Für diese vielen km werden mit einem reichlichen Abendessen im „Orientpalast" bei Juri belohnt, was wir alle sehr genießen. Und was zum Abschluss eines Tages unterdessen nicht mehr wegzudenken ist: Es gibt ein Gläschen Wodka.

 

5.6.2012 - Tag 5: Labiau - Gross Legitten - Elchwerder - Gilge (46,9 KM)

Von Labiau nach Gilge.

Die Strecke soll heute etwas kürzer sein. Wir beschließen, eine kleine Schleife zu machen, damit wenigstens ca. 50km zusammen kommen. Auf dem Markt kaufen wir Lebensmittel für ein Picknick ein und es geht los.

Unser erster Abstecher führt uns zur Evangelischen Ordenskirche Groß-Legitten, die sich im Wiederaufbau befindet. Wir haben Glück und können sie uns von innen anschauen. Sie ist schon in einem sehr schönen Zustand!

Der Ausflug zum Hafen lohnt sich. Fischer sind gerade mit ihrem Fang eingelaufen. Der alte Leuchtturm wird bestiegen, wir staunen über den Weitblick über das Haff, die Formationsflüge der Kormorane und den tollen Himmel!

Danach suchen wir uns eine schöne Bucht und lassen uns die auf dem Markt erstandenen Verpflegung schmecken. Bei strahlendem Sonnenschein will eigentlich keiner so richtig weiterfahren. Es hilft nichts. Wir müssen wieder in den Sattel.

Wir fahren am Friedrichkanal entlang(mit einer kleinen Pause in Elchwerder) nach Gilge. Unserem Anschein nach, das Ende der Welt. Der Weg dorthin führt uns über eine Birkenallee, die sich als totale Holperpiste/Panzerstraße erweist.

Die Wirtin Elena Ehrlich (Deutsche aus Kasachstan) nimmt uns mit Kaffee und Kuchen in Empfang. Sie hat viel zu erzählen(obwohl sie meint, ihr großer Fehler ist, nicht viel zu reden)!

Wir beziehen unsere einfachen Quartiere(endlich in Russland angekommen) und tilgen das russische Abendessen mit Suppe (Bortsch) und Pelmini. (zum Leidwesen von Lutz....schon wieder Pelmini....und keine Kartoffeln) .

Der Abend endet wie jeder vorherige: Mit einem Wodka.

 

6.6.2012 - Tag 6: Gilge - Elchwerder - Heinrichswalde - Tilsit (73,7 KM)

Nach einem hervorragenden Frühstück bei Elena (es gibt das erste Mal Marmelade, was Rosi und Lutz jubeln lässt), müssen wir wieder auf unsere Räder.

Ein Teil unserer heutigen Tour muss mit dem Boot zurückgelegt werden, es gibt keine Straße. Juri wartet mit dem Boot, das wir pünktlich erreichen wollen. Der Weg zum Boot führt uns wieder über die Birkenallee/Holperpiste.

Nachdem 8 Fahrräder in der Motorboot-Fahrradständer-Sonderkonstruktion( der TÜV lässt grüßen), unser Gepäck und wir selbst im Boot sind, können wir eine gute Stunde „Natur pur" vom Boot aus genießen. Das Anlegen ohne Steg läuft problemlos. Vladim zieht die Schuhe aus, krempelte die Hosenbeine hoch, steigt ins Wasser und zieht das Boot ans Ufer.

Über einen langen Deich mit Schotterweg geht es wiederum 10 km durch „Natur pur". Wir sind mitten in der Elchniederung angekommen. Danach eine sehr lange Allee Richtung Heinrichswerder. Unterwegs Kultur: Abzweig mit Besichtigung einer nicht mehr „arbeitenden" Kirche. Hier müssen wir uns leider von Vadim verabschieden. Unser treuer Begleiter fährt zurück nach Hause (Königsberg).

Im 7-er Team geht es weiter nach Tilsit....10 kleine Negerlein!

Die Einfahrt nach Tilsit gestaltet sich als sehr staubig. Eine seit 2 Jahren im Bau befindliche Straße ist leider immer noch nicht fertig. Und so beschließen wir, obwohl unser Hotel in greifbarer Nähe ist, erst den Staub aus unseren Kehlen zu spülen. Bernd kennt einen netten Biergarten in der sehr schönen Einkaufsstraße von Tilsit, die sich teilweise schon wieder in ihrem alten Glanz presentiert. Danach geht's ins Hotel, wo wir auch den äußeren Staub beseitigen können. Die Zimmer und das Essen: Wirklich gut, wir sind wieder in der Großstadt angekommen.

Die Fahrräder finden einen Abstellplatz auf dem Hinterhof. Wir stellen fest, dass diese Seite deutlich renovierungsbedürftig ist. Ganz im Gegensatz zur schicken Fassade des Hotels. Nach dem Essen geht es zum Luisentor/Grenzübergang(am Hafengelände) und zum Theater. Auch die Rückseiten der Einkaufsstraße haben zum großen Teil erhöhten Renovierungsbedarf.

Der Tag endet in einem Kellerrestaurant bei einem gemütlichen Bier und einem letzten Russischen Wodka(auf russischem Gebiet).

 

7.6.2012 - Tag 7: Tilsit - Heydekrug - Russ- Nida (71,2 KM)

Abfahrt aus Tilsit pünktlich um 09:00 Uhr.

Auf dem Weg zur Grenze muss unbedingt noch Wodka eingekauft werden.

Das Problem: Die elektronischen Kassen der Supermärkte geben neuerdings den Wodka erst ab 10:00 Uhr her. Dieser Herausforderung stellt Bernd sich gerne. Er spricht jemanden an und verschwindet mit ihm. Um 9:30 Uhr kommt er siegessicher mit einer gefüllten Einkaufstüte zurück (es ist geschafft) und es geht zum Grenzübergang an der Luisenbrücke.

Die Ausreise aus Russland verläuft problemlos (jeder hat seinen Zettel richtig in seinem Reisepass). Wir fahren über der Memel und sind um 10:15 Uhr wieder in Litauen. Es folgen lange gerade Strecken. Glücklicherweise ohne viel Gegenwind. Mit einem kurzen Stopp an einem Kiosk (nach 25 km) geht es weiter nach Heydekrug. Bei Kaffee/Bier und Kuchen wird „aufgetankt" und die letzten km werden in Angriff genommen.

Nur einige km und wir erreichen Russ. Wir sind sehr zeitig da. Fahren ein wenig hin und her und finden das Holzhaus von Rosis Großeltern/Mutter. Die Bewohner gewähren uns einen Einblick in das Haus. Naja! Vielleicht ein wenig Menschenunwürdig.

Die allerletzten km zum Hafen führen entlang eines Flusses. Den Hafen erreichen wir überpünktlich, genauso wie unser Boot! Die Fahrräder werden verladen und... nach einer 80minütigen Fahrt über das Haff (bei tollem Wetter) endet unsere Tour wieder in Nida.

Es ist vollbracht.
459 gefahrene Kilometer auf dem GPS-Tacho.

Zum Abschluss besorgt Bernd geräuchertem Fisch und es gibt ein letztes gemeinsames Abendessen auf die Terrasse vor dem Haus Aika. Und natürlich einen letzten gemeinsamen Wodka(aus Russland)

Eine wunderschöne Reise ist zu Ende!

Ab jetzt brauchen wir keinen Wodka mehr zu trinken

 

Teilnehmer:

  • Friedrich & Jutta (Hamburg)
  • Lutz & Rosi (Wittmund)
  • Hans & Irmgard (Berlin)
  • Bernd (Hamburg)
  • Vadim (Königsberg)
  • Renate (Nürnberg) Leider nur von Nida bis zu russischen Grenze

Schlagwörter der Reise:

  • wo kann ich Geld wechseln? (Bernds geliebte Tätigkeit am Abend)
  • Entschleunigung
  • Hans wo bist du? Ich bin schon in eins! (Rosi an Steigungen!)
  • Wo ist mein E-Motor?
  • die Kirche arbeitet wohl nicht mehr (Friedrich vor einer Kirchruine) 
  • Mann kann vieles auf die Karte schreiben, die Brücke gibt es nicht mehr( Elena Ehrlich ihre Kommentare zum Streckenplanung: Gilge nach Tilsit)
  • Vorsicht Loch (Der kleine Zweig auf der Straße, kein Sturmschaden, Warnung vor dem riesigen Loch unter der Asphaltdecke)
  • Nehmen wir nur eine halbe Portion (Wodka in Königsberg)
  • Natur pur; und die nächsten 10 km nur Schafsgarbe, (da hat es wohl schon mal Proteste bei vorherigen Touren gegeben!, wir wurden gewarnt)
  • wir müssen Pumpen (Friedrichs Luft im Vorderreifen die ersten 3 Tage)
  • Schon wieder ein Storch
  • Geschichte... viele historische Details unterwegs: Friedrich und Lutz haben sich gesucht und gefunden.

 

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